»Ach, Frau Schmidt, wenn alles so einfach wäre. . .«
Linke scheitern mit Gewerbesteuer-Antrag
Bielefeld (bp). Barbara Schmidt, Fraktionsvorsitzende der Linken, beantragte gestern im Rat, die Verwaltung solle prüfen, wer und in welcher Höhe von Steuererleichterungen profitiert habe. Ihr Anliegen hinter diesem Antrag: die Gewerbesteuer zu erhöhen.
Damit trat sie - auch mangels anderer Themen - gleich eine gesellschaftspolitische Debatte los, zumal sie dem Rat unterstellte, er wolle die relevanten Zahlen gar nicht kennen.Rainer Lux (CDU) erklärte ihr klipp und klar, seine Partei lehne eine Erhöhung der Gewerbesteuer kategorisch ab: »Deshalb brauchen wir auch keine Prüfung.« Johannes Delius (BfB) stöhnte »Ach, Frau Schmidt, wenn das alles so einfach wäre. . .« und warf ihr ein »verzerrtes Bild von der Wirtschaft« vor. Die Linken wollten, fürchtete Delius, »so lange zu Lasten der Leistungsträger umverteilen, bis es nichts mehr umzuverteilen gibt«. Die Linken träumten wohl von einer »DDR light«. Harald Buschmann (FDP) nannte den Antrag überflüssig: »Es ist kontraproduktiv, die Gewerbesteuer zu erhöhen.« Dr. Inge Schulze (Grüne) erklärte den Linken, die momentane konjunkturelle Situation treffe auch die Betriebe. Es gehe um Standortsicherung und dadurch auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen. Der Antrag komme zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Dem schloss sich Holm Sternbacher (SPD) an: »Ergebnisse sind gar nicht lieferbar.« Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Linken und bei Enthaltung der zwei Ratsmitglieder der Wählergemeinschaft Bürgernähe abgelehnt.
BfB und Bürgernähe lehnen höhere Grundsteuer ab
Schulze: Erst einmal Dezernenten einsparen
Bielefeld (WB). Die Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB) lehnt eine Erhöhung der Grundsteuer ab. »Solange eine so genannte Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP fest entschlossen ist, einen überflüssigen fünften Beigeordneten mit Kosten in Millionenhöhe zu wählen, kann eine Belastung der Bielefelder Bürger durch eine Erhöhung der Grundsteuer nicht in Betracht kommen«, sagte der BfB-Fraktionsvorsitzende Ralf Schulze. Dies sei insbesondere auch deswegen unverantwortlich, weil die Erhöhung der Grundsteuer über die Miete jeden Bürger träfe. Die BfB sei bereit, vernünftige Sparvorschläge mitzutragen, der Selbstbedienungsmentalität der anderen politischen Gruppierungen werde sie jedoch nicht folgen, betonte Schulze.
Dass zunächst andere Einsparpotenziale ausgeschöpft und auf den fünften Dezernenten verzichtet werden müsse, meint auch die Wählergemeinschaft Bürgernähe. Sie lehnt die Grundsteuererhöhung deshalb ebenfalls ab. In Frage gestellt werden müssten auch der Umzug der Stadtbibliothek und des Archivs ins Amerikahaus sowie das geplante Technische Dienstleistungszentrum im ehemaligen Kreishaus.
BZV will keine Rechtsabbiegespur
Schildesche (vz). Mit dem Votum »Nein« hat die Bezirksvertretung Schildesche mehrheitlich einen Ausbau der Kreuzung Engersche-/Talbrückenstraße mit einer Rechtsabbiegespur gekippt. Diese hätte eine Art Schleuse für Radfahrer beinhaltet, die nach Mehrheitsmeinung allerdings so nicht gebaut werden muss. Vielmehr sei es sinnvoll, den Weg so zu markieren, dass er von Autofahrern besser wahrgenommen wird.
Mit dem jüngsten Beschluss widersetzt sich das politische Stadtbezirksgremium dem Stadtentwicklungsausschuss, der unbedingt eine zusätzliche Rechtsabbiegespur errichten will. Die Bürgernähe appelliert unterdessen an den Fachausschuss, den Radweg der Verkehrssicherheit wegen vorher abzusenken, damit Radfahrer besser gesehen werden. Dies lasse sich wesentlich einfacher und vor allem viel kostengünstiger umsetzen als ein aufwändiger Kreuzungsumbau für 100 000 Euro.
Stadt muss drei Varianten prüfen
Stieghorst (vz). Wie lässt sich der Ortskern von Oldentrup künftig vom Verkehr entlasten? Das Fachamt soll das mit Hilfe von drei Varianten klären. Darauf haben sich die Bezirksvertreter aus Stieghorst verständigt. In ihrer jüngsten Sitzung stimmten sie genau wie die Heeper Bezirksvertreter dafür, nicht allein die Striegauer Straße als Entlastungsstrecke, sondern eine früher geplante Alternativtrasse der B 66 neu in Überlegungen einzubeziehen.
40 Millionen sollen eingespart werden
Beim Streichkonzert setzt Clausen eher auf die »ganz große Koalition« als auf die »Ampel«
Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). 30 bis 40 Millionen Euro - das ist der Sparbetrag, den man sich im Rathaus vorgenommen hat. Doch wer mitmacht beim Sparen, ist noch völlig offen.
In dieser Woche hatte Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) Fraktionsvorsitzende und Gruppen-Sprecher zum Spitzengespräch eingeladen. Um den Bielefeld-Pakt sollte es gehen und um eine Wiederbelebung der Haushaltskonsolidierungsrunde aus der zurückliegenden Wahlperiode.
Alle waren gekommen bis auf Vertreter der größten Ratsfraktion, der CDU, und der Linken. Letztere hatten sich ohnehin schon ausgeklinkt aus den Gesprächen. Bei der CDU hieß es: »Wir haben keine Einladung bekommen.«
Die, die da waren erfuhren, dass 30 bis 40 Millionen Euro die Summe ist, die als Einsparziel angepeilt wird. Ein strukturelles Defizit, das beseitigt werden müsse. Mehr sei aber auch nicht drin. Insgesamt werden bis 2014 jedes Jahr 150 Millionen Euro fehlen. Die wird allerdings man nicht auffangen können.
Schon für die 30 bis 40 Millionen müssten Maßnahmen ergriffen werden, die zu erheblichen Leistungseinschränkungen für die Bürger verbunden mit Steuer-, Entgelt und Gebührenerhöhungen führen werden. Mit anderen Worten: Die angekündigte Grundsteuererhöhung war erst der Anfang.
Offenbar wäre es dem OB am liebsten, wenn alle im Rat daran in der Haushaltskonsolidierungsrunde mitarbeiteten. Dort wurde bisher nach dem Konsensprinzip gearbeitet. Nur Maßnahmen, die von allen getragen wurden, wurden auch umgesetzt. Doch früher waren es nur vier Partner (CDU, SPD, Grüne, BfB). Jetzt wären es sechs (zusätzlich FDP und Bürgernähe).
Unabhängig von den OB-Bemühungen arbeiten die möglichen Partner der Ampel-Koalition ebenfalls an einem Etat-Paket. Sie wollen Ende Februar ihre Gespräche abschließen und ein Eckpunktepapier vorlegen. Deshalb auch soll die Grundsteuererhöhung nicht schon nächste Woche beschlossen werden.
Das wiederum betrachten die übrigen Ratsfraktionen und -gruppen kritisch. Wenn alle an einem Strang ziehen sollen, wäre die Ampel eigentlich überflüssig, hat BfB-Fraktionschef Ralf Schulze gerade erst im WESTFALEN-BLATT-Interview gesagt. Klarheit erhofft man sich nun von der nächsten Runde beim OB, die Anfang März stattfinden wird.
Dann wird es auch wieder um Clausens Bielefeld-Pakt gehen, der sich auf Bildungs- und Klimapolitik konzentrieren soll, wobei Clausen unter den Begriff Klimapolitik vor allem den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs versteht. »Bildung« und »Klima« tauchten praktisch in allen Parteiprogrammen auf, seien deshalb konsensfähig.
Nachgedacht wird über eine symbolträchtige Unterzeichnung des Paktes durch Vertreter von Politik und Verwaltung. Ihm sollen aber auch einzelne Bürger und Institutionen beitreten können.
»Erster Schritt ist die Planreife«
Bielefeld (bp). Das Zielnetz »Stadtbahn 2030« hat der Rat gestern bei zwei Enthaltungen der Bürgernähe beschlossen. Die wollte erreichen, dass die Planungen einer Straßenbahn nach Heepen erste Priorität haben solle. Horst Grube (SPD) erläuterte das Absehbare: »Auf Platz 1 stehen die Verlängerung der Linie 4 in den Hochschul-Campus und die der Linie 2 nach Milse-Ost, auf Rang 2 die Verlängerungen nach Theesen und Hillegossen - alles andere ist erst einmal Vision.« Jens Julkowski-Keppler (Grüne) warnte vor einer neuen Priorisierung: »Gefährdet den Gesamtplan.« Ralf Nettelstroth (CDU) machte klar: »Erster Schritt ist die Planreife.« Für eine Straßenbahn nach Heepen sollen zunächst Potenzialanalyse und Machbarkeitsstudie bis Anfang 2011 erstellt werden.